Hepatitis A bis E – was ist das?
Köln. Am 28. Juli 2021 ist Welt-Hepatitis-Tag, der global unter dem Motto steht: „Hepatitis kann nicht warten!“ („Hep can’t wait!“). Chronische Hepatitis-Infektionen verlaufen zwar schleichend über Jahre, aber bleiben gerade deswegen oft unentdeckt, bis es zu spät ist: Die Leber leidet still. Das Motto ist daher ein politischer Aufruf an die Regierungen aller Länder, den globalen Kampf gegen die Virushepatitis wieder aufzunehmen – nachdem dieser durch die Corona-Pandemie ins Stocken geraten ist.
Doch was meinen wir überhaupt, wenn wir von „Hepatitis“ reden? Welche verschiedenen Formen gibt es und warum ist es so wichtig, den Unterschied zu kennen?
Hepatitis heißt übersetzt „Leberentzündung“. Eine Hepatitis kann viele verschiedene Ursachen haben. In den meisten Fällen sind die Viren Hepatitis A, B, C, D oder E für die Leberentzündung verantwortlich (Virushepatitis). Dies sind Infektionskrankheiten.
Es gibt auch Hepatitis-Formen, die niemals ansteckend sind. Hierzu gehören z.B. Leberentzündungen durch Medikamentenschäden, Alkohol, Übergewicht (nicht-alkoholische Fettleberhepatitis) oder Autoimmunkrankheiten, wie z.B. die Autoimmunhepatitis, bei welcher das Immunsystem aus ungeklärten Gründen die eigene Leber angreift. In diesem Artikel geht es ausschließlich um die ansteckenden Hepatitisviren A bis E.
Das Risiko unerkannter Infektionen
Hepatitisinfektionen können zum Teil im ersten halben Jahr von selbst ausheilen. Hepatitis A und – meistens – Hepatitis E heilen von selbst aus. Einige Hepatitisviren, insbesondere Hepatitis B, C und D, können jedoch auch chronisch werden und zu dauerhaften Entzündungen der Leber führen. Dies kann die Leber über Jahre und z.T. Jahrzehnte schädigen. Da eindeutige Symptome oft ausbleiben und nur wenige Betroffene eine Gelbsucht entwickeln, bleiben viele dieser Erkrankungen lange unerkannt. Unbehandelt kann die chronische Leberentzündung zu gefährlichen Spätfolgen wie Zirrhose und Leberkrebs führen. Ein Test und eine rechtzeitige Behandlung kann dies oft verhindern.
Hepatitis A: hochansteckend, aber weniger gefährlich
Gegen das Hepatitis-A-Virus (HAV) gibt es eine sichere Schutzimpfung. Wer einmal eine Hepatitis A durchgemacht hat, ist lebenslang gegen eine erneute Ansteckung mit diesem Virus immun. Diese Hepatitis-Infektion wird vor allem in südlichen und mediterranen Ländern durch mit Viren verunreinigtes Trinkwasser übertragen. Hierzu gehören auch Eiswürfel, mit kontaminiertem Wasser gewaschene Früchte und Salate, Muscheln aus solchen verunreinigten Gewässern, aber auch Badewasser. Schmierinfektionen, z.B. über Toiletten, sind ein weiterer häufiger Übertragungsweg des Hepatitis-A-Virus. Meist verläuft die Hepatitis A unbemerkt, ist kurzzeitig sehr infektiös und heilt stets von selbst aus. Komplikationen bei ansonsten Gesunden sind eher selten, sodass Hepatitis A als das harmloseste Hepatitis-Virus gilt. Anders sieht dies bei Leberkranken und Senioren aus bei denen die Infektion schwerer verlaufen und in einigen Fällen sogar zum lebensbedrohlichen Leberversagen führen kann.
Hepatitis B: heimtückisches Virus mit vielen Gesichtern
Hepatitis B ist eine akute oder chronische Leberentzündung. Hervorgerufen wird sie durch das Hepatitis-B-Virus (HBV). Auch gegen Hepatitis B gibt es eine sichere Impfung. Das Hepatitis-B-Virus ist sehr ansteckend und wird über Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma, Scheidensekret und ggf. Speichel übertragen. Häufige Übertragungswege sind ein infizierter Sexualpartner, Infektion bei der Geburt (wenn die Mutter Hepatitis B hat), aber auch gemeinsam benutzte Utensilien bei Drogengebrauch und Hygienefehler bei medizinischen Eingriffen, Tattoos oder Piercings.
Eine Neuinfektion heilt bei den meisten Erwachsenen in den ersten sechs Monaten von selbst aus. Ganz vollständig ist diese „Heilung“ aber nicht, denn das Erbmaterial des Hepatitis-B-Virus bleibt ein Leben lang im Körper, insbesondere im Kern der Leberzellen erhalten. Deshalb kann selbst eine durchgemachte Hepatitis-B-Infektion in Einzelfällen später wieder aktiv werden, wenn das Immunsystem erheblich geschwächt wird – zum Beispiel durch eine Aidserkrankung, Knochenmarkstransplantation oder Chemotherapie. Diese Reaktivierungen sind tückisch und können sehr schwer verlaufen. Sie sind aber vermeidbar, wenn das Risiko bekannt ist. Man kennt solche Reaktivierungen nur beim Hepatitis-B-Virus, nicht aber bei den anderen Hepatitis-Viren (auch nicht bei Hepatitis C!).
Bei 5 bis 10% der mit HBV infizierten Menschen nimmt die Erkrankung einen chronischen Verlauf. Mit einer „Heilung“ durch das eigene Immunsystem oder durch Medikamente ist dann in der Regel nicht mehr zu rechnen. Bei Neugeborenen und Säuglingen verlaufen sogar 90% der Infektionen chronisch. Unbehandelt kann eine chronische Hepatitis B nach Jahren zu Zirrhose und/oder Leberkrebs führen.
Es gibt antivirale Medikamente, welche die Virusvermehrung unterdrücken. Meistens handelt es sich um eine Therapie mit täglicher Tablettengabe, die über viele Jahre und z.T. lebenslang dauern kann. In seltenen Fällen wird eine einjährige Therapie mit Interferon eingesetzt, welche aber mit mehr Nebenwirkungen verbunden und nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die heutigen Hepatitis-B-Behandlungen wirken in der Regel kontrollierend, aber nicht heilend. An neuen und wirksameren Hepatitis-B-Therapien wird intensiv geforscht.
Hepatitis C: heute fast immer heilbar
Die Hepatitis C wird durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht. Die Infektion wird in erster Linie durch infiziertes Blut übertragen, welches in die Blutbahn oder Schleimhäute einer gesunden Person eindringt. Blutprodukte vor 1990 waren eine häufige Ansteckungsquelle, werden aber seit drei Jahrzehnten rigoros getestet und sind diesbezüglich sicher. Ansteckungswege sind weiterhin Verletzungen mit Fremdblutkontakt, gemeinsam benutzte Utensilien bei Drogenkonsum sowie Hygienefehler bei medizinischen Eingriffen, Piercing und Tätowierungen. Das Risiko einer sexuellen Infektion ist geringer als bei Hepatitis B, steigt aber bei Verletzungen, Menstruation, ungeschütztem Analverkehr und anderen harten Sexpraktiken.
Nur etwa 20 bis 50% der akuten Hepatitis-C-Infektionen heilen im ersten halben Jahr von selbst aus. In 50 bis 80 % der Fälle entwickelt sich eine chronische Hepatitis-C-Infektion. Diese kann heute jedoch in den meisten Fällen geheilt werden. Frühere Therapien mit Interferon-Spritzen hatten viele Nebenwirkungen und führten auch nur bei einigen Patienten zu einer Heilung. Das hat sich glücklicherweise geändert: Die neuen antiviralen Medikamente in Tablettenform sind sehr viel verträglicher, werden meist nur acht bis zwölf Wochen gegeben und heilen Hepatitis C schon beim ersten Versuch in 95 % der Fälle komplett aus.
Anders als bei einer ausgeheilten Hepatitis A oder erfolgreich therapierten Hepatitis B gibt es bei einer ausgeheilten Hepatitis C keine Immunität. Das heißt, durch weitere Blutkontakte kann es jederzeit zu einer erneuten Infektion mit HCV kommen.
Hepatitis D: das schlimmste Hepatitis-Virus
Was ist das gefährlichste der fünf Hepatitis-Viren? Wenn man Laien fragt, tippen diese meistens auf Hepatitis C – ein Irrtum: Das Hepatitis-D-Virus (HDV, Hepatitis Delta) ist weitaus gefährlicher. Es tritt allerdings niemals alleine auf und kann nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus existieren, weil es dessen Hülle zur Vermehrung braucht. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt Gesunde deshalb auch vor Hepatitis D. Hepatitis D wird ähnlich wie Hepatitis B übertragen. Dies kann dazu führen, dass ein bisher Gesunder sich entweder gleichzeitig mit Hepatitis B und D ansteckt, oder dass ein Mensch mit chronischer Hepatitis B später noch zusätzlich mit Hepatitis D infiziert wird.
Eine Doppelinfektion aus Hepatitis B und D führt häufiger und schneller zu Leberschäden als eine alleinige Hepatitis-B- oder -C-Infektion. Viele Betroffene mit Hepatitis B und D entwickeln innerhalb weniger Jahre eine Leberzirrhose oder Leberkrebs.
Bis vor kurzem gab es nur unbefriedigende Therapiemöglichkeiten der Hepatitis D. Seit einem Jahr ist erstmals ein antivirales Medikament zugelassen, welches die Virusmenge langsam und stetig absenken kann. An weiteren Arzneimitteln wird aktiv geforscht. Es wird gehofft, dass künftige heilende Therapien gegen Hepatitis B gleichzeitig auch dem Delta-Virus die Lebensgrundlage entziehen.
Hepatitis E: das häufigste Hepatitisvirus
Hepatitis E wird durch das Hepatitis-E-Virus ausgelöst und heilt meist in den ersten drei Monaten von selbst aus. Über viele Jahre dachte man bei Hepatitis E nur an eine Reiseerkrankung aus tropischen Ländern wie z.B. Indien. Dort wird die Hepatitis E häufig über mit menschlichen Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser übertragen.
Tatsächlich ist das Virus auch schon sehr lange hierzulande heimisch; man hat nur nicht darauf getestet. In Europa und anderen westlichen Industrieländern ist die Hauptinfektionsquelle rohes Fleisch von Haus- und Wildschwein, beispielsweise Schweinemett. Mit Tierfäkalien gedüngte Erdbeeren oder Salat können ebenfalls Ursache für eine Hepatitis E sein. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass jeder sechste Deutsche bereits eine Hepatitis-E-Infektion durchgemacht hat – und das meist hierzulande und nicht im Urlaub.
Hepatitis E wurde bis vor kurzem auch häufig durch Blutprodukte übertragen, da diese bis Ende 2019 zwar auf Hepatitis B und C untersucht wurden, aber noch nicht auf Hepatitis E. Mittlerweile werden alle Blutspenden auch auf das Hepatitis-E-Virus getestet.
Nahezu alle akuten Hepatitis-E-Infektionen bleiben unbemerkt, wobei in einigen Fällen auch Symptome wie z.B. eine Gelbsucht, Müdigkeit und Magen-Darm-Beschwerden auftreten können. Erfreulicherweise heilen fast alle HEV-Infektionen von alleine aus. Allerdings sind Schwangere, chronisch Leberkranke oder immungeschwächte Personen nach einer Organ- oder Stammzelltransplantation oder mit einer HIV-Infektion, durch Hepatitis E gefährdet. Bei ihnen kann eine Infektion mit HEV zu schwerwiegenden Komplikationen wie z.B. akutem Leberversagen oder chronischen Infektionen führen. Bei Menschen mit Immunschwäche kann Hepatitis E in der Hälfte der Fälle chronisch verlaufen und unbehandelt in wenigen Jahren zu einer Zirrhose führen. Da Menschen mit Immunschwäche oft Blutprodukte benötigen, war es ein wichtiger und überfälliger Schritt, dass diese nun endlich auch auf Hepatitis E getestet werden.
Hepatitis E lässt sich mit Ribavirin ausheilen, welches dafür aber nicht zugelassen ist und lediglich in schweren Fällen benötigt wird. Ein Impfstoff existiert nur in China und es ist unklar, ob dieser auch gegen den in Europa verbreiteten Typ der Hepatitis-E-Viren schützt.
Welt‐Hepatitis‐Tag am 28. Juli 2021
Der Welt‐Hepatitis‐Tag ist ein internationaler Aktionstag und findet jährlich am 28. Juli statt. Seit 2011 ist der Welt‐Hepatitis‐Tag auch offizieller Gesundheitstag der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Motto des Welt-Hepatitis-Tages lautet „Hepatitis kann nicht warten!“ Das Motto ist ein eindringlicher politischer Aufruf, den globalen Kampf gegen Virushepatitis voranzutreiben. Eine Impfung kann Hepatitis A und B sicher verhindern. Gegen chronische Hepatitis B und C stehen wirksame Therapien zur Verfügung, die eine Hepatitis B unterdrücken und eine Hepatitis C sogar ganz ausheilen können. Gegen das tückische Hepatitis-D-Virus steht erstmals ebenfalls eine Therapie zur Verfügung.
Weltweit leben nach WHO-Schätzungen 257 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B und 71 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis C. Bereits vor fünf Jahren hat die WHO beschlossen, bis 2030 weltweit Hepatitis B einzudämmen und Hepatitis C zu eliminieren. Die Bundesregierung hat sich diesem Vorhaben angeschlossen und 2016 die
Strategie „BIS-2030 – Bedarfsorientiert, Integriert, Sektorenübergreifend“ ins Leben gerufen; diese soll ebenfalls bis 2030 Hepatitis B und C, aber auch HIV und andere Infektionskrankheiten erfolgreich bekämpfen. Die Corona-Pandemie hat diese Bemühungen weltweit und auch in Deutschland zurückgeworfen. Gleichzeitig gab es im Herbst 2020 trotz der Corona-Pandemie einen Fortschritt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss, dass künftig alle Bundesbürger über 35 einmalig einen Test auf Hepatitis B und C durchführen können – als Teil der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung.
Wer ist die Deutsche Leberhilfe e.V.?
Die Deutsche Leberhilfe e.V. wurde 1987 von engagierten Patienten gegründet. Der gemeinnützige Verein ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert. Die Leberhilfe verfolgt als Hauptziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem sie Patienten und ihre Angehörigen berät und Informationsschriften in verständlicher Sprache herausgibt. Ein weiteres Ziel des Vereins ist, die Bevölkerung über mögliche Ursachen, Verlauf, Therapie und Verhütung von Leberkrankheiten zu informieren. Langfristig soll dies dazu beitragen, Vorurteile zu entkräften und den schlechten Ruf der Lebererkrankungen als „selbstverschuldete” Krankheiten zu verbessern. In diesem Rahmen ist die Leberhilfe in Deutschland Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages.
Der Verein wird von einem ehrenamtlichen Vorstand geleitet und hat in Köln seine Geschäftsstelle, die mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt ist. Bei medizinischen Fragen wird die Leberhilfe von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, die die Richtigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen gewährleisten.