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17.07.24

Hepatitis und Stigma: immer noch ein Problem

Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli 2024

Köln, 17. Juli 2024. Menschen mit chronischer Virushepatitis berichten häufig über Stigmatisierung. In den meisten Fällen wird dies durch Vorurteile und Fehlinformationen bedingt, wie Hepatitis übertragen wird. Stigmatisierung kann das Berufs- und Privatleben ebenso wie die seelische Gesundheit stark beeinträchtigen.

Trotz zahlreicher Fortschritte in der Therapie sind Hepatitisinfektionen immer noch mit irrationalen Ängsten verbunden. Eindrücklich gezeigt wird dies durch Ergebnisse einer europäischen Umfrage. Durchgeführt wurde diese von der World Hepatitis Alliance und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).

Ein Drittel der Hepatitis-C-Patienten (34%) äußerte Sorge, dass sie von Gesundheitspersonal anders behandelt werden könnten als andere Patienten. Ein Viertel der Menschen mit chronischer Hepatitis B gab diese Befürchtung ebenfalls an. Die Sorge vor Stigmatisierung ging sogar so weit, dass in vielen Fällen nicht einmal die Familie Bescheid wusste: 24% der Hepatitis-C-Betroffenen und 21% der Hepatitis-B-Patienten hatten ihre Familie nicht informiert.

Rachel Halford, Präsidentin der World Hepatitis Alliance, erklärte: „Man darf nicht unterschätzen, wie sehr Hepatitis sich auf das ganze Leben und den Umgang mit anderen Menschen auswirkt.“

Die Umfrage zeigte, dass Stigma und Diskriminierung auf allen Ebenen existieren. Selbst in europäischen Gesundheitsberufen, die eigentlich als besonders fortschrittlich gelten, kursieren zahlreiche Vorurteile zum Thema Hepatitis. Oft werde den Patienten die Schuld und Verantwortung für ihre Infektion zugeschoben; 46% der Hepatitis-C-Betroffenen und 26% der Hepatitis-B-Betroffenen berichteten, schlecht behandelt zu werden. Angst vor Diskriminierung führte bei vier von zehn Hepatitis-C-Patienten dazu, dass diese keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen, wenn sie eine solche eigentlich gebraucht hätten; bei Hepatitis B war dies bei jedem sechsten Betroffenen der Fall.

Die World Hepatitis Alliance fordert, dass Angehörige der Gesundheitsberufe allen Menschen mit Hepatitis-Erkrankungen mit Verständnis und Einfühlungsvermögen begegnen. Hierfür sei es notwendig, über die Auswirkungen von Stigma und Diskriminierung aufzuklären. Sinnvoll sei es, geschulte Selbsthilfeberater – also Peer-Berater, die selbst betroffen sind – in ärztliche und klinische Teams einzubinden.

Fünf Hepatitisviren (A bis E) sind derzeit bekannt. Diese können im ersten halben Jahr der Infektion z.T. noch spontan von selbst ausheilen. Insbesondere Hepatitis B und C können jedoch chronisch verlaufen. Unbehandelt ist ein schleichender Verlauf über viele Jahre möglich, bei dem die Leber unbemerkt geschädigt wird. Im Endstadium kann es zu lebensgefährlichen Spätfolgen wie Zirrhose oder Leberkrebs kommen. Früh erkannt, sind beide Infektionen gut behandelbar. Während chronische Hepatitis B sich mit Medikamenten unterdrücken lässt, ist Hepatitis C heute sogar fast immer heilbar.

 

Wie erfolgt die Übertragung von Hepatitisviren?

Hepatitis B wird über Blut und Körperflüssigkeiten übertragen. Oft erfolgt die Infektion durch sexuelle Kontakte oder bei der Geburt, falls die Mutter infiziert ist und keine geeigneten Schutzmaßnahmen für das Kind ergriffen werden. Gegen Hepatitis B gibt es eine wirksame Schutzimpfung, die bei Bedarf auch mit einer Hepatitis-A-Impfung kombiniert werden kann.

Hepatitis C wird über Blut übertragen. Blutprodukte vor 1991 waren eine häufige Übertragungsquelle, werden aber seitdem gescreent und Infektionen über diesen Weg sind äußerst unwahrscheinlich. In der Drogenszene kommt es nach wie vor zu vielen Hepatitis-C-Infektionen, wenn Spritzen oder andere Utensilien gemeinsam benutzt werden. Hepatitis C wird seltener als Hepatitis B sexuell übertragen, bei harten Praktiken und häufig wechselnden Partnern werden jedoch auch Hepatitis-C-Infektionen häufiger gesehen.

Auch können Hygienefehler im medizinischen Bereich oder Tätowierungen und Piercings zu einer Übertragung von Hepatitis B und C führen.

Im Alltag kommen Infektionen eher selten vor. So können die Viren nicht beim Husten oder Niesen durch Tröpfcheninfektion übertragen werden, wie es z. B. bei Grippeviren oder Corona der Fall ist. Ebenso bekommt man durch Händeschütteln oder Umarmen keine Hepatitis B oder C. Dagegen sollten scharfkantige Hygienegegenstände wie Rasierklingen oder Zahnbürsten nicht gemeinsam benutzt werden, da sich hieran infektiöse Blutreste befinden können.

Anders als viele denken, werden Hepatitis-B- und -C-Viren nicht über die Benutzung derselben Toilette übertragen, auch nicht über kontaminierte Nahrungsmittel. Hier handelt es sich um eine Verwechslung mit Hepatitis A, einem ganz anderen Virustyp: Hepatitis A ist tatsächlich über Toiletten und verunreinigte Nahrungsmittel übertragbar, aber wird nicht chronisch und heilt meist folgenlos von selbst aus.

 

Ziel der WHO: Hepatitis global bis zum Jahr 2030 eindämmen

Im Jahr 2016 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ziel ausgerufen, Hepatitisinfektionen bis zum Jahr 2030 einzudämmen. Neuinfektionen und Todesfälle sollen durch Impfungen, Testung und Therapien so weit zurückgedrängt werden, dass Hepatitis bis dahin keine öffentliche Gesundheitsbedrohung mehr darstellt. Die Bundesregierung hat sich mit der BIS2030-Strategie diesem Ziel angeschlossen.

In Deutschland können sich Krankenversicherte ab 35 Jahren einmalig kostenfrei auf Hepatitis B und C testen lassen. Denn bei einem positiven Test gilt heute: Man kann viel dagegen tun, denn Hepatitis B ist behandelbar und Hepatitis C heilbar.

Stigma, Scham und Vorurteile gegen Hepatitis führen jedoch immer noch dazu, dass Menschen vor einem Test zurückschrecken oder sich keine Hilfe suchen. Vielen Menschen ist bis heute nicht bekannt, dass Hepatitis C seit vielen Jahren ein oft schnell lösbares Problem ist. Es wird Zeit, Hepatitisinfektionen als große Volkskrankheiten anzuerkennen, denn diese können jeden treffen, unabhängig von Alter, Herkunft oder Lebensstil.

Die globale Eliminationskampagne gegen Hepatitis B und C muss daher beinhalten, besser über Hepatitis aufzuklären und auch der Stigmatisierung und Diskriminierung entgegenzuwirken. Dies erleichtert Betroffenen nicht nur den Umgang mit chronischen Infektionen, sondern kann effektiv zur Eindämmung von Hepatitisinfektionen beitragen.

 

Hintergrund: Welt-Hepatitis-Tag

Am 28. Juli 2024 ist Welt-Hepatitis-Tag unter dem Motto: „Hepatitis: Zeit zum Handeln!“ Im Hauptfokus des Aktionstages stehen die chronische Hepatitis B und C. Laut WHO-Schätzungen im April 2024 leben 254 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B und 50 Millionen mit Hepatitis C. Etwa 5% der Hepatitis-B-Betroffenen sind gleichzeitig mit Hepatitis D infiziert. Hepatitisinfektionen verlaufen oft lange stumm und können unbehandelt zu tödlichen Spätfolgen wie Zirrhose und Leberzellkrebs führen. Es gibt Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B, letztere verhindert auch eine Hepatitis-D-Infektion. Für chronische Infektionen gibt es heute gute Behandlungsmöglichkeiten: Hepatitis B und D sind kontrollierbar, Hepatitis C ist heute sogar fast immer heilbar. Umso wichtiger ist es, die unbekannt Infizierten rechtzeitig zu finden und zu behandeln. Die WHO hat das Ziel ausgerufen, Hepatitisinfektionen bis zum Jahr 2030 so weit einzudämmen, dass diese „als öffentliche Gesundheitsbedrohung eliminiert“ sind. Viele Länder weltweit unterstützen dies mit eigenen Eliminationskampagnen. In Deutschland können sich Krankenversicherte ab 35 Jahre kostenfrei auf Hepatitis B und C in der hausärztlichen Praxis untersuchen lassen. Die Deutsche Leberhilfe e.V. führt zusammen mit weiteren Kooperationspartnern die lokale Kampagne „Hepatitisfreies Köln“ durch (www.hepatitisfreies-koeln.de), welche als Pilotprojekt künftig ggf. auf weitere Städte ausgeweitet werden kann: Diese Kampagne soll sowohl die Prävention als auch rechtzeitige Diagnostik und fachärztliche Behandlung von Hepatitisinfektionen in Köln verbessern. Informationen zum Welt-Hepatitis-Tag finden Sie auf www.welthepatitistag.info und in englischer Sprache auf www.worldhepatitisday.org.

 

Wer ist die Deutsche Leberhilfe e.V.?

Die Deutsche Leberhilfe e.V. wurde 1987 von engagierten Patienten gegründet. Der gemeinnützige Verein ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert. Die Leberhilfe verfolgt als Hauptziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem sie Patienten und ihre Angehörigen berät und Informationsschriften in verständlicher Sprache herausgibt. Ein weiteres Ziel des Vereins ist, die Bevölkerung über die Ursachen, Prävention und Therapie von Leberkrankheiten zu informieren. Langfristig soll dies dazu beitragen, Vorurteile zu entkräften und den schlechten Ruf der Lebererkrankungen als „selbstverschuldete” Krankheiten zu verbessern. In diesem Rahmen ist die Leberhilfe in Deutschland Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages. Der Verein wird von einem ehrenamtlich tätigen Vorstand geleitet und hat in Köln seine Geschäftsstelle, die mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt ist. Bei medizinischen Fragen wird die Leberhilfe von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, die die Richtigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen gewährleisten.

 

Informationen zum Welt-Hepatitis-Tag:

Deutsche Webseite:                      www.welthepatitistag.info
Internationale Webseite:             www.worldhepatitisday.org/

Kontakt:

Deutsche Leberhilfe e.V.
Krieler Str. 100 – 50935 Köln
www.leberhilfe.org
Patientenberatung: info@leberhilfe.org, Tel.: 0221/2829980
Redaktion (V.i.S.d.P. Ingo van Thiel): lebenszeichen@leberhilfe.org, Tel. 0221/2829991