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21.07.21

Schwanger und Hepatitis-B-positiv: Wie schütze ich mein Kind?

NOhep Moms-Kampagne will Mutter-Kind-Übertragung weltweit stoppen

Köln. Weltweit leben nach WHO-Schätzungen 257 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B. Jedes Jahr sind 900.000 Tote durch dieses Virus zu beklagen, welches über Blut und Körperflüssigkeiten übertragen wird. Chronische Hepatitis-B-Infektionen können tückisch und schleichend die Leber schädigen, ohne dass Betroffene überhaupt etwas davon merken. Über Jahre und z.T. Jahrzehnte können Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberkrebs entstehen.

Im Jahr 2018 schätzte eine Untersuchung im Fachjournal Lancet, dass weltweit 1,8 Millionen Kinder unter fünf Jahren an einer chronischen Hepatitis B leiden. Dies entspricht einer Hepatitis-B-Verbreitung („Prävalenz“) von 1,4% in dieser Altersgruppe. Viele Menschen, die heute an Hepatitis B sterben, wurden schon bei der Geburt infiziert. In Industrienationen wie Deutschland werden Schwangere normalerweise auf Hepatitis B getestet, doch in vielen Entwicklungsländern ist dies noch nicht der Fall. Jeden Tag steckt eine Mutter ihr Neugeborenes unwissentlich mit Hepatitis B an, weil sie nichts von ihrer Infektion ahnt.

Gerade Säuglinge und Kleinkinder, die sich mit Hepatitis B anstecken, haben in 80 bis 90% einen chronischen Verlauf: Das Immunsystem ist noch nicht genügend ausgereift, um das Virus als Eindringlich zu erkennen. Das Virus bleibt dann dauerhaft und oft lebenslang im Körper. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion nur in 5% der Fälle chronisch.

Vorsichtsmaßnahmen könnten dabei oft verhindern, dass das Kind vor oder während der Geburt angesteckt wird. Denn wenn eine Schwangere das Hepatitis-B-Virus in sich trägt, heißt dies nicht automatisch, dass auch das Ungeborene schon infiziert ist. Aus diesem Grund ist es hierzulande seit vielen Jahren üblich, Schwangere auch auf Hepatitis B zu testen. Untersucht wird dabei auf das Hüll-Eiweiß des Virus, das sogenannte HBs-Antigen.

 

Schwanger und Hepatitis-B-positiv: Was nun?

Doch was tun, wenn der Hepatitis-B-Test in der Schwangerschaft positiv ausfällt? Auf jeden Fall sollte zusätzlich Rat einer Fachärztin oder eines Facharztes für Hepatologie oder Virologie eingeholt werden. Wie schnell man handeln muss, hängt davon ab, wie ansteckend die Mutter ist: Dies misst man anhand der Virusmenge, der HBV-DNA. Wenn die Virusmenge eher gering ist, kann man bis zur Entbindung warten. Man sollte dann das Neugeborene in den ersten Stunden gegen Hepatitis B impfen, und zwar sowohl aktiv als auch passiv. Zum einen erhält das Neugeborene sofort Immunglobuline gegen Hepatitis B. Diese halten sich nicht lange im Körper, aber sind wie eine „schnelle Einsatztruppe“ und wirken sofort gegen eventuell eindringende Hepatitis-B-Viren.

Um auch einen langfristigen Schutz gegen Hepatitis B aufzubauen, wird gleichzeitig ein normaler Impfstoff gegeben, welcher nicht ansteckend ist und dem Immunsystem leere Virushüllen präsentiert. Dies regt das Immunsystem an, eigene Antikörper zu bilden und eine langfristige Immunität gegen Hepatitis B aufzubauen. Die Impfung wird in der Regel nach einem Monat und dann noch einmal sechs Monate später wiederholt.

Die aktive und passive Impfung nach der Geburt reicht in vielen Fällen bereits aus, um eine Infektion des Kindes zu verhindern. Schwieriger wird es, wenn die Schwangere eine hohe Virusmenge im Blut hat: Hier kann es mitunter trotz Impfung zu einer Infektion kommen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, schon während des letzten Schwangerschaftsdrittels antivirale Medikamente einzunehmen. Heutige Medikamente können zwar die Hepatitis-B-Infektion nicht heilen, aber die Virusmenge und damit auch das Ansteckungsrisiko für das Kind deutlich senken. Die Therapieentscheidung liegt natürlich bei der Mutter, welche diese ausführlich mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen sollte. Die deutsche Hepatitis-B-Leitlinie empfiehlt, Schwangeren mit Hepatitis B eine Therapie anzubieten, wenn die Virusmenge höher ist als 200.000 IU/ml. Zusätzlich erfolgt auch hier eine aktive und passive Impfung nach der Geburt. Hierdurch lässt sich das Neugeborene sehr oft auch dann vor einer Infektion schützen, wenn die Mutter hochansteckend ist. Die deutsche Hepatitis-B-Leitlinie nennt verschiedene antivirale Medikamente, die in der Schwangerschaft eingesetzt werden können, ohne das Ungeborene zu gefährden.

Hepatitis B ist übrigens normalerweise kein Grund für einen Kaiserschnitt: Studien widersprechen sich, ob dieser das Ansteckungsrisiko für das Neugeborene weiter senkt oder nicht. Daher sollte man einen Kaiserschnitt nur dann machen, wenn er aus anderen medizinischen Gründen sinnvoll ist.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat vor fünf Jahren das ehrgeizige Ziel ausgerufen, Hepatitis B bis zum Jahr 2030 ebenso einzudämmen wie die Hepatitis C. Dies geschieht im Rahmen der NOhep-Kampagne, welche gemeinsam von der WHO und der World Hepatitis Alliance durchgeführt wird. Um das WHO-Ziel zu erreichen, die Hepatitis B weltweit bis zum Jahr 2030 einzudämmen, ist es äußerst wichtig, gerade Säuglinge vor einer Hepatitis-B-Infektion zu schützen.

 

Internationale Kampagne NOhep Moms

Nun gibt es bei NOhep eine eigene Initiative, die Mutter-Kind-Übertragung von Hepatitis B weltweit stoppen will: Die NOhep Moms fordern weltweit konsequentes Testen von Schwangeren, Impfung von Neugeborenen und eine vorsorgliche antivirale Therapie in den Fällen, wo es notwendig ist. Die NOhep Moms-Kampagne wurde 2021 im Vorfeld des Welt-Hepatitis-Tages gestartet. Ein Aufklärungsfilm auf der Webseite der Initiative erklärt als Ziel, die nächste Generation von Kindern konsequent vor chronischer Hepatitis B und Leberkrebs als Spätfolge zu bewahren.

Die eingangs erwähnte Lancet-Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, wie groß die Lücken sind. Denn nicht einmal die Hälfte aller Länder (48%) bietet eine Hepatitis-B-Impfung für Neugeborene an. Noch seltener erfolgt eine antivirale Therapie bei hochansteckenden Müttern – in weniger als 1% der Fälle weltweit, wo dies eigentlich nötig wäre.

In Deutschland gibt es eine Impfempfehlung sowohl für Säuglinge als auch Kinder und Jugendliche. Ebenso wird die Hepatitis-B-Impfung für Risikogruppen empfohlen, die entweder aus sozialen, beruflichen oder privaten Gründen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben oder von einem besonders schweren Verlauf bedroht sind, wie Dialysepatienten oder chronisch Leberkranke.

An heilenden Therapien der chronischen Hepatitis B wird zwar geforscht, bislang wurde hier jedoch kein Durchbruch erzielt. Verfügbare antivirale Therapien können jedoch die Viruslast stark senken und verringern damit nicht nur das Risiko von Spätfolgen, sondern auch von Ansteckungen. Die Kombination aus Impfungen und – im Falle von chronischen Infektionen – antiviralen Therapien kann global dazu beitragen, Hepatitis B bis zum Jahr 2030 einzudämmen.

Wichtig ist, diese Anstrengungen trotz der weiterhin bestehenden Corona-Pandemie konsequent durchzuführen. Es gibt keine zuverlässigen Zahlen, wie stark sich die Pandemie auf die Hepatitis-B-Impfungen von Säuglingen und Kindern ausgewirkt hat. Allerdings gibt es beunruhigende Modellrechnungen. Eine Untersuchung des Imperial College of London warnte vor einem Worst-Case-Szenario, nach dem weltweit bis zu 60% weniger Impfungen direkt nach der Geburt und 20% weniger Impfungen im Kindesalter erfolgen könnten. Käme es tatsächlich hierzu, sei damit zu rechnen, dass 5,3 Millionen mehr Kinder zwischen 2020 und 2030 mit chronischer Hepatitis B geboren würden. Dies könnte etwa eine Million mehr tote Kinder bedeuten. Es muss alles daran gesetzt werden, dieses Worst-Case-Szenario zu verhindern.

Die Präsidentin der World Hepatitis Alliance, Su Wang, welche die NOhep-Moms-Kampagne vorstellte, erklärte hierzu: „Diese Kampagne ist für mich sehr persönlich. Ich wurde sehr wahrscheinlich als Säugling oder Kleinkind mit Hepatitis B infiziert.“ Ihre Eltern waren aus Taiwan in die USA eingewandert. Hepatitis-B-Infektionen von Säuglingen in Taiwan waren bis in die frühen 1980er-Jahre sehr häufig, bevor das Land eine konsequente und erfolgreiche Hepatitis-B-Impfkampagne startete. Ihr Großvater war Zahnarzt und ihre Großmutter Hebamme und wie sich später herausstellte, waren beide mit Hepatitis B infiziert. Dass sie selbst eine chronische Hepatitis-B-Infektion hatte war, fand Su Wang durch Zufall als Teenager bei einer Blutspende heraus. Doch ihre persönliche Geschichte verdeutlicht auch, dass medizinisches Wissen und eine rechtzeitige Impfung einen immensen Unterschied machen kann: Sie lebt seit vielen Jahren mit ihrem Ehemann zusammen und hat mittlerweile vier Kinder zur Welt gebracht. Sowohl ihr Ehemann als auch ihre vier Kinder sind geimpft und gesund.

Deutsche Leberhilfe e.V.

 

 

Quellen:

 

 

 

WeltHepatitisTag am 28. Juli 2021

Der Welt‐Hepatitis‐Tag ist ein internationaler Aktionstag und findet jährlich am 28. Juli statt. Seit 2011 ist der Welt‐Hepatitis‐Tag auch offizieller Gesundheitstag der Weltgesundheits­organisation (WHO). Das Motto des Welt-Hepatitis-Tages lautet „Hepatitis kann nicht warten!“ Das Motto ist ein eindringlicher politischer Aufruf, den globalen Kampf gegen Virushepatitis voranzutreiben. Eine Impfung kann Hepatitis A und B sicher verhindern. Gegen chronische Hepatitis B und C stehen wirksame Therapien zur Verfügung, die eine Hepatitis B unterdrücken und eine Hepatitis C sogar ganz ausheilen können. Gegen das Hepatitis-D-Virus, das nur gemeinsam mit Hepatitis B auftritt, steht inzwischen ebenfalls eine Therapie zur Verfügung.

Weltweit leben nach WHO-Schätzungen 257 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B und 71 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis C. Bereits vor fünf Jahren hat die WHO beschlossen, bis 2030 weltweit Hepatitis B einzudämmen und Hepatitis C zu eliminieren. Die Bundesregierung hat sich diesem Vorhaben angeschlossen und 2016 die

Strategie „BIS-2030 – Bedarfsorientiert, Integriert, Sektorenübergreifend“ ins Leben gerufen; diese soll ebenfalls bis 2030 Hepatitis B und C, aber auch HIV und andere Infektionskrankheiten erfolgreich bekämpfen. Die Corona-Pandemie hat diese Bemühungen weltweit und auch in Deutschland zurückgeworfen. Gleichzeitig gab es im Herbst 2020 trotz der Corona-Pandemie einen Fortschritt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss, dass künftig alle Bundesbürger über 35 einmalig einen Test auf Hepatitis B und C durchführen können – als Teil der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung.

 

Wer ist die Deutsche Leberhilfe e.V.?

Die Deutsche Leberhilfe e.V. wurde 1987 von engagierten Patienten gegründet. Der gemeinnützige Verein ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert. Die Leberhilfe verfolgt als Hauptziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem sie Patienten und ihre Angehörigen berät und Informationsschriften in verständlicher Sprache herausgibt. Ein weiteres Ziel des Vereins ist, die Bevölkerung über mögliche Ursachen, Verlauf, Therapie und Verhütung von Leberkrankheiten zu informieren. Langfristig soll dies dazu beitragen, Vorurteile zu entkräften und den schlechten Ruf der Lebererkrankungen als „selbstverschuldete” Krankheiten zu verbessern. In diesem Rahmen ist die Leberhilfe in Deutschland Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages.

Der Verein wird von einem ehrenamtlichen Vorstand geleitet und hat in Köln seine Geschäftsstelle, die mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt ist. Bei medizinischen Fragen wird die Leberhilfe von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, die die Richtigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen gewährleisten.

 

 

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